Wie würden Sie entscheiden? 

Ein Autofahrer, nennen wir ihn Peter, wurde während einer Fahrt unter Drogeneinfluss von der Polizei kontrolliert. In seinem Blut fanden sich 2,4 µg aktives THC, 21 µg Cooh (Abbauwert), sowie 232 µg Amphetamin. 
In der MPU-Vorbereitung bei mir gibt er zu, regelmäßig Cannabis konsumiert zu haben, zuletzt auf einer Party am Abend vor der Fahrt. Er erklärt mir, dass Cannabis von ihm zur Selbstmedikation eingesetzt wurde. Aufgrund einer Herzerkrankung leidet er unter Angst, Nervosität und Schlafstörungen. Das regelmäßige abendliche Rauchen geringer Mengen Marihuana hatte einen beruhigenden, schlaffördernden Effekt.

Den wissentlichen Konsum von Amphetaminen streitet Peter jedoch vehement ab und vermutet, dass diese irgendwie in sein Getränk geraten sein könnten. Er begründet die Angst vor allen anregenden Stoffen damit, dass er stark auf sein Herz und dessen Funktion fokussiert ist und daher alles vermeidet, was hier eine Gefahr darstellen könnte. Sogar auf Kaffee verzichtet er, weil dieser den Blutdruck steigern und das Herz beeinträchtigen kann. Der Konsum von Amphetaminen wäre also in seinem Falle ziemlich selbstzerstörerisch. Peter ist nicht lebensmüde und käme daher niemals auf die Idee, Amphetamine zu nehmen. Im Laufe des Gespräches stelle ich außerdem fest, dass Peter außer der Angst vor möglichen schädlichen Wirkungen, keine Ahnung von Amphetaminen hat. Er erwähnt, dass er sich an dem Abend merkwürdig unruhig gefühlt habe und Kreislaufprobleme auftraten, was er sich nicht erklären konnte. Nach anfänglichem Misstrauen, schätze ich Peter als glaubwürdig ein und glaube ihm seine Version der unbeabsichtigten Einnahme.

Nun zur Frage, was man Peter in Bezug auf seine MPU raten sollte (was ich ihm tatsächlich geraten habe und wie die MPU dann gelaufen ist, erfahrt Ihr später).

1. Die Wahrheit sagen, dass er nicht wissentlich Amphetamine genommen hat? Diese Version kann er aufgrund seiner Krankheitsvorgeschichte gut begründen. Allerdings erscheint die unwissentliche Aufnahme einer Droge meist als sehr unglaubwürdig, vor allem wenn jemand bereits als Cannabiskonsument in Erscheinung getreten ist. 
Trotzdem: Im Allgemeinen gilt ja, dass man in der MPU unbedingt die Wahrheit sagen muss, da der Gutachter geschult ist, Lügen zu entlarven. Die Wahrheit ist immer gleich, wer lügt, braucht ein gutes Gedächtnis. Peter geht davon aus, dass der Gutachter seine Ehrlichkeit zu schätzen weiß. Er kann ein Jahr Abstinenz nachweisen und über seine Cannabis-Konsumgewohnheiten und Konsummotive muss er sowieso Rede und Antwort stehen, wozu er offen und ehrlich bereit ist.

2. Da die unwissentliche Einnahme selten geglaubt wird (das besagen auch zahlreiche Gerichtsurteile), wäre es vielleicht besser, einen einmaligen (oder gelegentlichen ?) Konsum von Amphetaminen einzuräumen, also in diesem Fall zu lügen? Dann sollte Peter seine Herzkrankheit verschweigen oder verharmlosen, um nicht als selbstzerstörerisch dazustehen. Er müsste sich theoretisches Wissen über Amphetamine, deren Wirkung und Abbau und die Gefährdung im Verkehr aneignen, über praktische Erfahrungen verfügt er ja nicht.

So sehen die Gerichte einen vergleichbaren Fall:

UNBEWUSSTE DROGENAUFNAHME MUSS SCHLÜSSIG DARGELEGT WERDEN

Die Behauptung, ein Betäubungsmittel unbewusst aufgenommen zu haben, ist nur dann glaubhaft, wenn detailliert und in sich schlüssig dargelegt werden kann, dass nach dem Nachweis von Betäubungsmitteln im Körper des Drogenkonsumenten ein Kontakt mit Personen vorangegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, diesem heimlich Drogen beizubringen. Zudem muss es nahe liegen, dass die Aufnahme des Betäubungsmittels vom Betroffenen unbemerkt blieb. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Saarlouis hervor (Az.: 10 K 660/08).

Ein Mann führte unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr. Durch ein toxikologisches Gutachten wurde in der ihm entnommenen Blutprobe Cannabis und Amphetamin nachgewiesen und bei der quantitativen Bestimmung ein Wert von 0,027 mg Amphetamin pro Milliliter Blutserum ermittelt. Daraufhin wurde dem Autofahrer von der zuständigen Behörde mitgeteilt, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen werde, da er als Konsument von Amphetamin - einer sogenannten harten Droge - nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis legte er Rechtsmittel ein. Seiner Auffassung nach sei seine Kraftfahreignung von der Behörde zu Unrecht verneint worden, da er das in seinem Blut nachgewiesene Amphetamin nicht bewusst eingenommen habe. 

Der Mann gab zu, dass er im Freundeskreis Haschisch konsumiert habe. Er gehe allerdings davon aus, dass ihm das Amphetamin bei anderer Gelegenheit von unbekannten Personen ohne sein Wissen in sein Getränk gemischt worden sei. Das müsse am Tattag geschehen sein, als er auf einem Altstadt-Fest gearbeitet habe. Er sei an jenem Tage mit seiner Lebensgefährtin zu der Veranstaltung gefahren, habe während seiner Arbeit einige Mischgetränke zu sich genommen und sein Glas zeitweise unbeaufsichtigt stehen lassen. Gegen 20 Uhr habe er sich unwohl gefühlt und sei deshalb vorzeitig nach Hause gefahren. Als er auf dem Nachhauseweg von der Polizei angehalten worden sei, habe er bereits im Rahmen der Kontrolle eingeräumt in der vergangenen Nacht Haschisch konsumiert zu haben. Amphetamin habe er indes nicht bewusst zu sich genommen. Vielmehr habe seine Lebensgefährtin ihm im Nachhinein berichtet, dass sie während der Veranstaltung beobachtet habe, wie in Musikerkreisen ein weißes Pulver konsumiert worden sei, welches diese Personen in ihre Getränke verrührt hätten. 

Dem hielt die Behörde entgegen, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) demjenigen die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Demnach sei bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes die Fahreignung für sämtliche Klassen zu verneinen. So sei es auch im Falle des betroffenen Fahrers, da dieser erwiesenermaßen Amphetamin konsumiert habe. Nach der FeV sei im Regelfall davon auszugehen, dass eine Person, die Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) auch nur einmal einnehme, zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei, sofern nicht besondere Umstände vorlägen, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Derartiges sei indes vorliegend weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Vielmehr falle zu Lasten des Fahrers ins Gewicht, dass er nicht nur unter dem Einfluss von Amphetamin, sondern auch unter Einfluss der Droge Cannabis ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. 

Nach Ansicht des VG könne die Darstellung des Klägers nicht geglaubt werden, er habe das in seinem Blutserum sicher nachgewiesene Amphetamin nicht bewusst eingenommen, sondern von Unbekannten heimlich verabreicht bekommen, da die Glaubhaftmachung eines solchen Sachverhalts stets detaillierte, in sich schlüssige Darlegungen voraussetze, die einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lassen. Es ist nämlich nach der Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich, dass unbekannte Dritte einer Person Betäubungsmittel beibringen, sofern nicht ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlungsweise aufgezeigt wird. Ferner müsse es auch nahe liegen, dass vom Betroffenen die Aufnahme des Betäubungsmittels unbemerkt blieb.

Dem Kläger wurde die Fahrerlaubnis daher zu Recht entzogen, weil dieser wegen der bewussten Einnahme von Amphetamin als Kraftfahrer ungeeignet ist. Dies steht in Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte, wonach bereits der einmalige Konsum von harten Drogen im Sinne des BtMG im Regelfall die Annahme rechtfertigt, dass der Drogenkonsument zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. 

Quelle: http://www.straffrei-mobil.de/